S 02/13 Femurkopf Score

Etablierung eines klinischen Scores für humane Femurköpfe
zur Qualitätssicherung in der Transplantationschirurgie


Prof. Dr. Axel Pruß, CharitéCentrum für Tumormedizin, Berlin
(Laufzeit 01/13-03/14)

Einleitung: Die Transplantation humaner Femurköpfe (FK) ist ein etabliertes Verfahren in der knöchernen Defektrekonstruktion im Rahmen orthopädischer und unfallchirurgischer Eingriffe. Wissenschaftlichen Untersuchungen bzw. geeignete Wertungssysteme bezüglich der morphologischen Qualität des Femurkopfgewebes und damit der Voraussetzung für den klinischen Transplantationserfolg liegen kaum vor. Ziel der beabsichtigten Studie ist es daher, die Beurteilung der Femurkopfqualität durch den entnehmenden Arzt zu standardisieren.
Material und Methoden: Bei 105 Patienten, die zu einer regulären, klinisch-indizierten Operation (Totalendoprothese des Hüftgelenks) in das Krankenhaus Tabea, Hamburg, eingewiesen wurden, wurde der jeweilige Femurkopf (FK) standardisiert entnommen. Anhand in einer Checkliste festgelegter klinischer und radiologischer Kriterien wird der FK hinsichtlich seiner Qualität (Zysten, Nekrosen, Verkalkungen, Deformitäten, Osteoporose) beurteilt und in einen Score eingeteilt. Als Zusatzinformationen wurden Größe und Angaben zum Vorhandensein des Schenkelhalses erfasst. Hiernach erfolgt eine verblindete erneute, nunmehr makroskopische Score-Bewertung des in drei Schichten aufgesägten Femurkopfes. Die Femurköpfe werden anschließend mittels peripherer Quantitativer Computertomographie (pQCT) untersucht. Hiermit ist man in der Lage, spongiösen von kortikalem Knochen zu differenzieren. Die Knochendichte, -masse und die Masseverteilung kann bildlich dargestellt werden und anteilsmäßig sowohl die Dichte (BMD, bone mineral density), als auch die Masse (BMC, bone mineral content) quantifiziert werden. Die pQCT Untersuchungen erfolgten mittels einem XCT 2000L, Modell 2002 (Stratec Medizintechnik, Pforzheim). Die Auflösung betrug 0,5 x 0,5 mm, die Schichtdicke war 2 mm. Als Ergänzung erfolgte eine standardisierte histologische Untersuchung des Knochengewebes. Ein Zylinder (Länge 15 mm, Durchmesser 5 mm) aus dem peripheren, oberen Anteil des Femurkopfes wurde entnommen, in 4% gepuffertem Formalin gelagert und danach mit EDTA entkalkt, gefärbt und zugeschnitten. Die statistische Güte der Übereinstimmung zwischen verschiedenen unabhängigen Beobachtern (Intercoder-Reliabilität) wurde bei zwei unabhängigen Beobachtern und einem Beurteilungsscore auf Ordinalskalen-Niveau mittels des Rangkorrelationskoeffizienten Kendalls Tau b (Kendalls τb) berechnet. Der primär klinische Score wurde mit den korrelierenden Scores aus Makroskopie, pQCT und Histologie verglichen.
Ergebnisse: Bei 91/105 Patienten (Alter: 68.4 ± 9.9 Jahre, n=60 Frauen (65.9%), n=31 Männer (34.1%)) wurden die explantierten Femurköpfe in die Studie eingeschlossen. Die Korrelation zwischen primärem radiologisch-klinischen Score und der makroskopischen Zweitbewertung des aufgesägten FK ist als gut einzustufen (Kendalls τb= 0.667). Die Histologie weist nur eine mittelmäßige Korrelation zum klinischen Primärscore auf (Kendalls τb= 0.413). . In einem Fall (TAB-070) wurden in der histologischen Untersuchung Zellen eines sehr kleinen Osteoblastoms (< 2mm) und in einem zweiten Fall (TAB-043) ein Enchondrom nachgewiesen. Die Korrelation zwischen dem primären klinischen Score und dem pQCT ist hingegen schwach (Kendalls τb= 0.212).
Diskussion: Die Bewertung der Kriterien des primären FK-Scores wurde im Rahmen einer vergleichbaren makroskopischen Bewertung am aufgesägten FK durch dieselben Operateure verblindet wiederholt. Die entsprechende Korrelation wurde in der durchgeführten statistischen Analyse als gut bewertet. Dies unterstreicht die Fähigkeiten langjährig operativ tätiger Orthopäden, die Qualität der Knochenspongiosa bereits anhand der Röntgenbildes und des intraoperativen Befundes korrekt einzustufen. Insofern kann die Einführung des FK-Scores in die Routineabläufe von Knochenbanken empfohlen werden. Mittels des Scores werden dem Kliniker verlässliche Hinweise in Bezug auf die Knochengewebequalität gegeben, die ihm auch in Bezug auf die Transplantatauswahl indikationsbezogen unterstützen. Weiterführende nicht zuletzt auch kostenintensive diagnostische Maßnahmen wie pQCT oder Histologie, sind für den verlässlichen Befund derzeit nicht geeignet.