S 01/13 EPRD

"Treiber und Barrieren der Implementierung von Implantatsregistern zur Qualitätssicherung - Eine Studie am Beispiel des Endoprothesenregisters Deutschland"

Professor Dr. Carsten Schultz, Jan Sternkopf, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
(Laufzeit 03/13 - 12/15)

Implantatsregister stellen eine vielversprechende Möglichkeit dar, die Qualität der Medizinprodukte und therapeutischen Maßnahmen kontinuierlich zu erfassen und zu verbessern. Im Bereich der Endoprothetik existieren international seit Jahrzehnten Implantatsregister, doch während in einigen Ländern beispielsweise die Revisionsrate halbiert werden konnte, gelten andere Register als weniger erfolgreich.
Ziel des Projektes ist es, Treiber und Barrieren der Implementierung von Implantatsregistern zur Qualitätssicherung zu analysieren. Für den langfristigen Erfolg von Implantatsregistern ist es notwendig, dass über 90% der durchgeführten Operationen an das Register übermittelt werden. Um eine hohe Datenvollständigkeit zu gewährleisten, kommt der Akzeptanz der Krankenhausmitarbeiter sowie der Adoption der Krankenhäuser eine besondere Bedeutung zu. Die Analyse erfolgt am Beispiel des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD).
Zunächst wurden 47 Mitarbeiter verschiedener an der Einführung beteiligter Personengruppen in 20 Krankenhäusern, die am Probebetrieb des EPRD teilnahmen, befragt. Als Methode der Datenerhebung wurden teilstandardisierte Leitfadeninterviews durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, transkribiert und anschließend mit Softwareunterstützung qualitativ ausgewertet. Aufbauend auf den Interviews wurde ein Fragebogen an 1104 deutsche Krankenhäuser versendet, die Operationen an künstlichen Hüft- und Kniegelenken durchführen. Insgesamt wurden 534 auswertbare Fragebögen zurückgesendet (Rücklaufquote: 48%). Die Fragebogendaten wurden mit Sekundärdaten kombiniert und mit einem Partial Least Squares Strukturgleichungsmodell analysiert.
Basierend auf den Interviewdaten wurden zunächst die Faktoren untersucht, die einen Einfluss auf die Akzeptanz der Krankenhausmitarbeiter ausüben. In den untersuchten Krankenhäusern scheint die Trägerschaft einen Einfluss auf die Akzeptanz der Prozessinnovation aufzuweisen. Die Akzeptanz des Registers in den untersuchten privaten Krankenhäusern ist höher als in den freigemeinnützigen und öffentlichen Krankenhäusern. Neben der Trägerschaft kann auch ein Einfluss der Größe des Krankenhauses (Bettenanzahl) auf die Akzeptanz festgestellt werden. Die analysierten Krankenhäuser mit einer hohen Akzeptanz besitzen deutlich weniger Betten als die Krankenhäuser mit niedriger Akzeptanz. Weiterhin ist auffällig, dass drei der Krankenhäuser mit der höchsten Akzeptanz auf Endoprothetik spezialisierte Fachkliniken sind. Deutliche Unterschiede zwischen Kliniken mit hoher Akzeptanz und Kliniken mit niedriger Akzeptanz existieren bei der Unterstützung durch Führungskräfte. In Krankenhäusern mit hoher Akzeptanz ist die Unterstützung durch Führungskräfte stärker ausgeprägt als in Krankenhäusern mit niedrigerer Akzeptanz. Weiterhin fällt auf, dass die für die Einführung verantwortlichen Personen in Krankenhäusern mit hohem Akzeptanzniveau mehrfach umfassende Expertise in Bezug auf die Einführung von Registern aufweisen. Ein weiterer wichtiger Punkt, welcher die Akzeptanz beeinflusst, sind die Erwartungen der beteiligten Mitarbeiter gegenüber dem Register. In einem Krankenhaus mit niedriger Akzeptanz fällt auf, dass die beteiligten Personen sehr hohe Erwartungen gegenüber dem Register gehabt haben. In den Krankenhäusern mit hoher Akzeptanz wurde in viel stärkerem Maße mit Einführungsschwierigkeiten gerechnet und sich darauf vorbereitet.
Die Analyse der Fragebogendaten verdeutlicht, dass der direkte Effekt der Spezialisierung auf die Adoption des Registers positiv und statistisch signifikant ist. Darüber hinaus kommt dem sozialen Systems eines Krankenhauses eine bedeutsame Rolle im Bezug auf die Adoption des Registers zu. Sowohl die Unterstützung der Einführung des Registers durch Führungskräfte, als auch die Einbindung verschiedener Personengruppen (z.B. Ärzte, Pflegekräfte, Verwaltung) in den Einführungsprozess weisen einen positiven Einfluss auf die Adoption auf. Ferner wirkt sich eine positive Einstellung der beteiligten Personengruppen gegenüber dem Register positiv auf die Adoption aus. Schließlich konnten wir zeigen, dass der potentielle ökonomische Nutzen der Teilnahme am Register keinen signifikanten Effekt auf die Adoption der Krankenhäuser ausübt, während die Verbesserung der Versorgungsqualität einen wesentlicher Treiber der Adoption darstellt.

Publikationen:
Jan Sternkopf
Acceptance of Process Innovation in Hospitals: Insights from the German Arthroplasty RegisterChallenges and Opportunities in Health Care Management 2015
http://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-319-12178-9_7

Jan Sternkopf, Thoralf R. Liebs, Carsten Schultz
Endoprothesenregister - Große Akzeptanz in Krankenhäusern Deutsches Ärzteblatt Jag. 111 Heft 43, 24.10.14
https://www.aerzteblatt.de/archiv/162988/Endoprothesenregister-Grosse-Akzeptanz-in-Krankenhaeusern