S 01/11 Glenoid-Component Loosening

S 01/11 "Risk Factors for Glenoid-Component Loosening in Total Shoulder Arthroplasty - a Demographical and Morphological Analysis of Preoperative CT-Scans and Clinical Data in Long-Term Followed Patients"

Dr. med. Patric Raiss, Orthopädische Universitätsklinik, Dept. Orthopädie, Unfallchirurgie und Paraplegiologie, Heidelberg

(Laufzeit 09/2011 - 04/2013)

Einleitung:
Die Lockerung der Glenoidkomponente stellt eines der Hauptprobleme in der totalen
Schulterendoprothetik dar. Hohe Lockerungsraten wurden insbesondere für
zementfrei verankerte Implantate beschrieben. Im Langzeitverlauf sind jedoch auch
hohe Raten an radiologischen Lockerungen bei zementierten Glenoidkomponenten
dokumentiert. Ziel dieses Projekts war es, operationstechnik-, implantat- und
patientenbezogene Risikofaktoren für Lockerungen von zementierten
Glenoidkomponenten an einem großen und homogenen Patientenkollektiv im Mittel- und
Langzeitverlauf zu analysieren.
Methoden:
Es wurden Patienten mit 471 Schulterprothesen sowohl klinisch als auch
radiologisch untersucht. Der mittlere Nachuntersuchungszeitraum des Kollektivs
betrug 8 (1 – 20) Jahre. Es konnten 318 Frauen und 153 Männer in die Studie
eingeschlossen werden. Das durchschnittliche Alter betrug 68 (35-90) Jahre zum
Zeitpunkt der Operation. Die dominante Schulter wurde in 294 Fällen und die nichtdominante
Seite in 177 Fällen versorgt. Es wurden der Constant Score mit seinen
Untergruppen, sowie die aktive Schulterflexion und Außenrotation dokumentiert.
Präoperativ waren bei allen Patienten Röntgenbilder der betroffenen Schultern in
zwei Ebenen, sowie eine CT- oder MRT Bildgebung vorhanden. Lockerungen der
Glenoidkomponenten wurden anhand des Scores nach Mole und anhand von
Migrationen des Implantats bewertet. Eine Risikoanalyse in Bezug auf Lockerungen
der Pfannenkomponenten wurde für folgende Faktoren durchgeführt: Geschlecht,
Alter, Händigkeit, Glenoidmorphologie nach Walch, Ausmaß des Fräsens am
Glenoid, glenohumerales Missmatch, Glenoidkomponentendesign,
Präparationstechnik der Schulterpfanne und fettige Degeneration der Muskelbäuche
von M. supraspinatus, infraspinatus und subscapularis.
Ergebnisse:
Der mittlere präoperative Constant Score betrug 30 (1-87) Punkte und konnte
postoperativ auf 65 (0-95) Punkte angehoben werden (p<0.001). Die mittlere, aktive
Flexion des Schultergelenks wurde von 93° (20-160°) auf 138° (20-180°; p<0.001)
und die mittlere Außenrotation von 8° (-30 – 60°) auf 33° (-30 – 90°; p<0.001)
gesteigert. Der mittlere „radiolucent-line Score“ betrug zum Zeitpunkt der letzten
Untersuchung 8,3 (0-18) Punkte. Insgesamt wurden 137 Glenoidkomponenten
(29,1%) als radiologisch gelockert gewertet. Die Revisionsrate im gesamten Kollektiv
betrug 8,7% (n=41). Folgende Risikofaktoren konnten für eine Lockerung der
Glenoidkomponente ausfindig gemacht werden: das Vorhandensein eines B2-
Glenoids (2,3-fach erhöht im Vergleich zu A1-Glenoiden), ein aggressives Fräsen am
Glenoid (3,7-fach), ein glenohumerales Missmatch <6mm (pro Millimeter
Reduzierung des Missmatchs = 19% erhöhtes Risiko) und die Verwendung von flatback
Glenoidkomponenten im Vergleich zu convex-back Glenoiden (3,1-fach). Die
Faktoren Geschlecht, Alter, Händigkeit, Präparationstechnik an der Schulterpfanne
und fettige Degeneration der Rotatorenmanschette hatten keinen Einfluss auf das
Auftreten von Glenoidlockerungen.
Schlussfolgerung:
Anhand der Ergebnisse dieser Arbeit konnte an einem großen und homogenen
Patientenkollektiv eine Vielzahl an Risikofaktoren für Lockerungen von zementierten
Glenoidkomponenten aufgezeigt werden. Durch eine Optimierung der OP-Technik,
der Implantatkonfiguration und der Patientenselektion könnten mit großer
Wahrscheinlichkeit die zukünftigen Raten an radiologischen Lockerungen von
künstlichen Schulterpfannen bei Patienten mit primären Omarthrosen gesenkt
werden. Klinische Verlaufsstudien mit entsprechenden Einschlusskriterien sind
notwendig, um die Ergebnisse dieser Arbeit zu bestätigen.

Publikationen:
Patrick Raiss, MD, Thomas Bruckner, PhD, Markus Rickert, MD, and Gilles Walch, MD J Bone Joint Surg Am. 2014;96:198-205 dx.doi.org/10.2106/JBJS.M.00079
www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24500581